Wir begrüßen das gestiegene Bewusstsein dafür, dass Hassrede, Hasskriminalität und Rechtsextremismus auch im Internet große Herausforderungen darstellen. Erkennbar wurde in den vergangenen Monaten im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz mit Hochdruck an einem gesetzgeberischen Maßnahmenbündel zur Bekämpfung dieser demokratiegefährdenden Phänomene gearbeitet; daneben waren auch aus dem Bundesministerium des Inneren Signale zu vernehmen, die in eine ähnliche Richtung gehen. Der Schwerpunkt des am 13. Dezember 2019 vorgelegten Referentenentwurfs liegt deutlich im Bereich der Strafverfolgung: Es geht um höhere Strafen und auch um die Erhöhung des Verfolgungsdrucks durch Ausweitung der Befugnisse der Ermittlungsbehörden. Solche repressiven Ansätze sind zwar ein wichtiger Baustein, um Hasskriminalität und digitale Gewalt einzudämmen. Sie bergen aber zugleich die Gefahr, dass Freiheitsrechte mehr als erforderlich eingeschränkt werden. Reinen Aktionismus gegen Rechtsextremismus halten wir nicht für sinnvoll. Wer die Netzcommunity auf seiner Seite haben will, muss sensibel sein, wenn es um Freiheitsrechte und Datenschutz geht. Zudem werden die Rechte der Betroffenen kaum gestärkt, weil die vorgeschlagenen Maßnahmen primär die Täter*innen im Blick haben. Maßnahmen des Opferschutzes vermissen wir in dem Entwurf.
Die Weiterentwicklung des NetzDG und die übrigen geplanten Gesetzesänderungen sollen den freien Meinungsaustausch im Internet und unsere demokratische pluralistische Gesellschaft stärken und schützen. In diesem Sinne brauchen wir aber nicht nur Regelungen, die eine effizientere Strafverfolgung ermöglichen und die Durchsetzbarkeit zivilrechtlicher Ansprüche gewährleisten. Das Gesetzesvorhaben sollte vielmehr auch als Chance begriffen werden, Rechtsklarheit und Transparenz zu schaffen, die Rechte von Nutzer*innen sozialer Medien zu stärken und so die Akzeptanz für die Regelungen des NetzDG zu erhöhen. Diese Chance wurde versäumt.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.